Sprachliche und kulturelle Vielfalt
In unserer Stiftskindertagesstätte (KITA) spielen, entdecken, forschen und lernen Kinder verschiedenen Alters und verschiedener Nationen von- und miteinander. So hören wir neben türkischen und arabischen auch schon mal polnische, russische, griechische und weitere Sprachen in den Unterhaltungen zwischen Kindern und ihren Eltern.
Unser Team aber auch unsere Familien und ihre Kinder nehmen diese Vielfalt der Sprachen und Kulturen inzwischen als Bereicherung wahr, von der alle pro-fitieren können. Denn wer hat schon die Gelegenheit, das Wort „Mütze“ in 4 verschiedenen Sprachen aufnehmen und manchmal sogar korrekt aussprechen zu können. Zudem schauen sich viele Familien durchaus gerne mal eine Moschee oder Kir-che von innen an und erhalten mit den entsprechenden Informationen durch den Imam bzw. Pastor Einblicke in andere Religionen. Nicht zuletzt werden bei Projekten und Feiern gerne Speisen aus anderen Ländern probiert, es wird ge-schaut wie man mit einem, nach muslimischer Art gebundenen Kopftuch aus-sieht, es wird mit Matroschka –Puppen gespielt und es werden Gewänder aus anderen Nationen anprobiert.
In unserer KITA ist uns wichtig, dass die Muttersprache der Kinder und ihrer Familien wertgeschätzt wird, da sie einen wichtigen Teil der Identität darstellt. Denn die Muttersprache ist die Sprache der ersten sozialen Kommunikation, der ersten Wörter und Sätze und damit der ersten Beziehung. Zudem erleichtert eine gut ausgebildete Erstsprache den Erwerb einer Zweitsprache, da hierfür bereits die Wurzeln gelegt sind.
In unserer KITA wird daher in Gesprächen und durch schriftliche Informatio-nen in der Muttersprache darauf hingewiesen, wie wichtig, zum Erlernen der Zweitsprache und für das Selbstwertgefühl des Kindes, die Muttersprache ist. Zudem arbeiten wir mit den Familien im Rahmen des „Rucksackpro-jektes“ eng zusammen. Hier treffen sich einmal die Woche Mütter aus verschiedenen Nationen in der KITA und erhalten von unseren mehrsprachigen Elternbegleiterinnen Anregungen und Materialien für sprachanregende Spiele, die sie zu Hause mit ihren Kindern in ihrer Muttersprache umsetzen können. Die Themen(Familie, Kleidung, Ernährung, …), die in der Gruppe be-sprochen werden, werden zeitgleich von den Erzieherinnen im pädagogischen Alltag in der deutschen Sprache aufgegriffen. Diese Vorgehensweise unter-stützt die Kinder beim Erlernen der Zweitsprache „deutsch“, da Wortfelder in beiden Sprachen kennengelernt und wiederholt werden. Die Elternbegleiterin-nen sind selbst mehrsprachige Mütter aus unserer KITA, die geschult wurden, um eine derartige Gruppe begleiten und anleiten zu können. Sie unterstützen die KITA in der Zusammenarbeit mit den Eltern und stehen als Übersetzer zur Ver-fügung.
Alltagsintegrative Sprachbildung
Die alltagsintegrierte sprachliche Bil-dung ist mit ihren verschiedenen Methoden der geeignete Weg, alle Kinder beim Spracherwerb zu unterstützen und kommunikative Fähigkeiten zu erwei-tern. Das Kind erwirbt in der aktiven Auseinandersetzung mit seiner Umwelt die Sprache. So führen die diversen Angebote in unseren Rollenspiel-, Wahr-nehmungs-, Kreativ-, Bau- und Experimentierbereichen bereits dazu, dass Kin-der verschiedener Nationalitäten auf unterschiedlichste Art und Weise mitei-nander in Kommunikation treten und hierbei intuitiv deutsche Sprachkenntnisse erwerben. Mit viel Einfühlungsvermögen, eine konsequente verbale und non-verbale Begleitung, Ideenreichtum und Zeit werden unsere Kinder dabei unter-stützt, Handlungsanweisungen und Regeln, nicht nur in sprachlicher Hinsicht zu verstehen und umzusetzen. Vertrauen, Verständnis und gegenseitige Wert-schätzung spielen hierbei eine große Rolle und gehen einher mit einer ungeteil-ten Zuwendung zum Kind und seinem jeweiligen Gesprächsinteresse. So schau-en wir welche Themen für das jeweilige Kind interessant und im Alltag wichtig sind, denn auf diese Weise erweitern mehrsprachige Kinder relativ schnell ihren Wortschatz, weil diese Wörter für sie von Bedeutung sind. Aber auch deutsch-sprachige Kinder werden z.B. durch den Austausch über persönliche Erlebnisse und Gefühle oder beim Aushandeln von Regeln zum Zuhören und freien Erzählen angeregt. Wir reagieren auf alle Ausdrucksmöglichkeiten (Ges-tik, Mimik) und ermutigen zu weiteren Äußerungen. Hierbei helfen uns auch zusammenfassende Wiederholungen. Offene oder Alternativfragen, die nicht mit „Ja oder Nein“ beantwortet werden können, eröffnen einen Dialog, der ech-tes Interesse signalisiert und das Wiederholen von Begriffen ermöglicht. Zudem steht bei uns das „Er-fassen und Be-greifen“ von Wörtern mit allen Sinnen im Vordergrund. So wird Obst und Gemüse mit verbundenen Augen „er-schmeckt“ und benannt oder Kastanien und Federn werden ertastet. Wir begeben uns mit unseren Kindern in andere Lebenswelten, wie den Wald oder den Wochenmarkt, wo mit allen Sinnen neue Wortfelder begriffen und erfasst werden können. Nicht zuletzt kommen wir über diese ge-meinsamen Erlebnisse, die auf Fotos festgehalten werden, ins Erzählen. Die Freude am Sprechen und Erzählen wird zusätzlich durch ein positives, korrekti-ves Feedback gestärkt. Immer wieder bieten wir Sing-, Bewegungs-,Reim- und Silbenspiele an, die sich hervorragend zur Rhythmus- und Lautwahrnehmung, zur Wortschatzerweiterung und zur Erschließung erster grammatikalischer Re-geln eignen. Das dialogische Lesen, auch in mehrsprachigen Bilderbüchern, füh-ren wir in kleinen, gemütlichen Runden durch, in denen die Kinder eine aktive Rolle übernehmen und zum Erzählen angeregt werden. Hier kommen auch un-sere deutschen und mehrsprachigen Lesemütter zum Einsatz, die diese „Lese-runden“ unterstützen.
Am schönsten ist zu erfahren, wie fast alle Kinder relativ schnell die deutsche Sprache erlernen und die Kinder untereinander keine Berührungsängste haben. Vielmehr kümmern sich die älteren Kinder liebevoll und unbefangen, unter-stützt mit viel Körpersprache, um die „Neuen“. So zeigen sie ihnen ihre „Spiel-ecken“, helfen beim Holen der „Gartengarderobe“, begleiten sie zum Frühstück, in die Turnhalle oder in ihre geheimsten Verstecke im Garten.
Gemeinsam wird gelacht, gespielt, gestritten, geweint und sich vertragen, wobei der nationale Hintergrund dabei keine Rolle spielt und dies ist ein gutes Ge-fühl.
„Zusammen reden und lachen;
liebevoll aufeinander eingehen;
gemeinsam Freude an Büchern haben;
sich gegenseitig necken und ernst nehmen;
manchmal uneinig sein, doch ohne Feindseligkeit…
nach den Abwesenden sich kummervoll sehnen
Und die Ankommenden freudig empfangen;…
Durch den sprechenden Mund, durch die Augen,
durch tausend freundliche Gebärden gegeben-
die Gemüter erglühen lassen
und aus vielen ein einziges zusammenschmelzen:
Von all dem war ich angetan.
Augustinus (354-430)